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Von der Alten Welt in die Neue

Der Einstieg in die Welt, wie sie die Auswanderer damals erlebten, verlieh mir auch beim zweiten Besuch Gänsehaut im Fell. Nehmt euch hier Zeit, schaut, lauscht, fühlt euch ein. Mit diesem Grundgefühl und den anhand von realen Personen dargestellten Erlebnissen wird das „Abenteuer“ Auswanderung in seinen ganzen Facetten deutlich.

Nehmt euch eine große Tasse Kaffee (oder was immer ihr mögt) – dieser Bericht ist etwas länger wink. Seid ihr bereit? Dann lasst uns in die Auswandererhalle gehen und die Reise beginnen …

Spuren auf dem Weg in das Deutsche Auswandererhaus

Auswandern. Die bisherige Heimat verlassen.
Vielleicht geplant, vielleicht aber auch aus purer Not heraus.
Auf jeden Fall eine Veränderung, die man nicht leichten Herzens auf sich nimmt.

Namenssteine vor dem Deutschen Auswandererhaus in Bremerhaven

Sobald ihr direkt am Deutschen Auswandererhaus angekommen seid, lasst den Blick über den Boden schweifen: Im Pflaster liegen etliche Steine, die mit Namen, dem Jahr der Auswanderung und dem Ziel markiert sind.

Der Wartebereich

Eine Halle, an den Wänden Hinweis-Plakate, die sich besonders an alleinreisende Frauen richten und zu besonderer Vorsicht mahnen. Nicht anders als heute …

Und doch ist etwas anders: Mich nahm die Stimmung direkt mit in das Gefühl, dass an diesem Ort weitreichende Entscheidungen gefällt wurden …

Deutsches Auswandererhaus Bremerhaven - der Wartebereich

Die Kaje

Wer den Wartebereich passiert hat, steht an der Kaje. Mitten im Gewusel aus Menschen, Koffern und Kisten. Und wieder heißt es zu warten.

Es ist nicht nur der Moment, bis das Schiff endlich betreten werden kann. Bereits vorher liegt vor den Reisenden ein oft beschwerlicher Weg bis zum Hafen. Das Reisen erfolgte zu Fuß, wer Glück hatte, auch auf Fuhrwerken. Oder später teils mit der Bahn, doch oft in Güterwagen. Eine Reise in den Passagierwagen konnten sich viele nicht leisten.

Dort warten viele bürokratische Herausforderungen und oftmals auch medizinische Untersuchungen.

Das ganze Leben in einem Koffer …

Ein Gepäckstück pro Person.
Was nimmt man mit, wenn man das alte Leben verlässt und in ein anderes aufbricht?
Was sind die wichtigsten persönlichen Dinge?
Wäsche, Tagebuch, Trinkflasche. Etwas Seife. Ein paar Fotos.
Das bisherige Leben konzentriert in einem Koffer.

Warten und Verabschieden

Mein Fell hatte so etwas wie Gänsehaut – die gesamte Atmosphäre in diesem Raum lässt mich die Besonderheit der Situation spüren.

Unweigerlich frage ich mich, ob ich auch so reisefreudig wäre, wenn der Weg zum Ziel und vor allem das Wissen über das, was mich erwartet (Überraschungen nie ausgeschlossen wink), nicht vorhanden wäre.

Sehr nachdenklich kann ich hier werden … Je weiter ihr den Raum durchquert, desto mehr Szenen fallen ins Auge.

Letzte persönliche Gespräche, Verabschiedung. Tränen und Hoffnung.

Linkerhand begegnet ihr zum ersten Mal an den multimedialen Stationen eurem Auswanderer, dem ihr auf seiner (oder ihrer) Reise folgt.
Der „Boarding Pass“, den ihr beim Eingang erhaltet, enthält eine codierte Karte, die euch den Zugang zu den Erlebnissen eures Auswanderers in Ton und Bild gibt.

Gangway in ein anderes Leben

Auf der Gangway dürfte manchem Reisenden spätestens bewusst werden, dass dies die Schritte in ein ganz anderes Leben sind.

Wie fühlst du dich in diesem Moment?

Ich lasse mich von den Gefühlen in solchen Situationen „mitnehmen“ und fühle mich fast so, als wäre ich tatsächlich unterwegs. Was sicher auch daran liegt, das die Ersteller dieser Ausstellung sich sehr genau mit dem Thema beschäftigt haben. Das „Mitfühlen“ zieht sich durch die ganze Ausstellung, doch dazu später mehr …

Endlich an Bord. Ein Stahlwand trennt die Reisenden von denen, die in der Alten Welt zurückbleiben? Wie wird es ihnen künftig ergehen?

Wie ergeht es den Reisenden? Zunächst an Bord und später, sofern die Einreise gelingt, in Amerika?

Heute ist es für uns leicht, uns über ein Reiseziel zu informieren. 
Wollen wir auswandern, recherchieren wir umso gründlicher. Wir bereiten uns vor und haben durch Fotos und Videos vielfältige Eindrücke, bevor wir unser Abenteuer beginnen. Doch damals? So manche Information war verklärt und in Wirklichkeit alles andere als romantisch.

Wie erginge es euch an dieser Stelle?

Ich lasse mich von den Gefühlen in solchen Situationen „mitnehmen“ und fühle mich fast so, als wäre ich tatsächlich unterwegs. Was sicher auch daran liegt, das die Ersteller dieser Ausstellung sich sehr genau mit dem Thema beschäftigt haben. Das „Mitfühlen“ zieht sich durch die ganze Ausstellung, doch dazu später mehr …

Erster Perspektiv-Wechsel

Plötzlich stehst du auf der anderen Seite der Bordwand, blickst zurück.

Selbst für ich, der “nur” als Besucher diese Reise antritt, stellt sich ein leicht mulmiges Gefühl ein.

Wie mag das sein, alles zurückzulassen? Können wir uns das heute bei all unserer Vernetzung, die Nachrichten binnen Sekunden um die Welt fliegen lässt, noch vorstellen?

Wen der Junge wohl verabschiedet? Was denkt er gerade?

Perspektivwechsel II: Der Zugang zu eurem Auswanderer

An allen Stellen, an denen ihr ein Symbol der Hand seht, die eine Karte hält, befindet ihr euch an einer der multimedialen Stationen.

Über die Codierung eures „Boarding Pass“ auf euren Auswanderer hört ihr seine (oder ihre) Geschichte an vielen Stellen in Originaltönen aus Interviews oder erhaltet Hinweise auf Schriftstücke aus der Biografie eures Auswanderes. 

Gezählt habe ich sie nicht, es sind Hunderte.

In jeder steckt eine Geschichte, ein Schicksal. Das einer Person und einer Familie.


Briefe, Urkunden, Rechnungen. Manche schwierig zu lesen – die verschnörkelte Schreibschrift ist für uns sehr ungewohnt.

Verweilen und Eintauchen. Hinhörzeit.

Mein Tipp: Nehmt euch hier Zeit, hört, lest. Zugegeben: Es fordert, es berührt. Doch es lohnt jede Achterbahn der Gefühle, die ihr aufs Ohr bekommt!

Manche Episode ist eher eine Anekdote, andere berichten von Schicksalen. Vor der Abreise häufig der Grund für das Wagnis der Auswanderung – doch auch in der neuen Welt ist nicht alles perfekt …

Habe ich es euch gesagt? Dieser Raum fordert euch.

So viele Fragmente der Geschichten, die bei mir vor allem einen Gedanken auslösen: Was habe ich (haben wir) es gut, dass wir nicht auswandern müssen!

Bilder und persönliche Dinge

Auf den nächsten Schritten wird es “leichter”.

Die Sammlung persönlicher Fotos, Bücher und kleine Andenken zeigt euch, welche Erinnerungen an die Heimat ins Reisegepäck kamen.

Im großen Reisegepäck stecken die Hoffnungen und die Träume von dem Land, in dem alles möglich sein soll.

Das “große” Gepäck landet staufreundlich vor der Erfindung von ultraleichten Polycarbonat-Koffern in soliden Kisten. Immer mit einer Lage Hoffnung zwischen den Schichten …

So eine robuste Seekiste hatte nicht jeder Reisender – es waren eher diejenigen, die in den höheren Klassen reisten. Doch auch ein kleiner Koffer enthält sicher ebenso viele Träume!

An Bord

Endlich an Bord! Je nach gebuchter Klasse geht es sehr unterschiedlich komfortabel zu – das ist noch heute so.

Die Schiffe sind vor allem robust und zweckmäßig, für Schnörkel war damals wenig Raum.

Passagiere sind – emotionslos betrachtet – lebende Fracht. In den ganz frühen Zeiten herrschten unsägliche Zustände, die erst sich nach und nach verbesserten.

Das Zwischendeck und die zweite Klasse

Sehr beengt und ohne jeglichen Komfort reist ihr als Zwischendeck-Passagier.

Von einem findigen Reeder erfunden, um mehr Passagiere befördern und mehr verdienen zu können, reisen so nur diejenigen, die sich keine andere Klasse aufgrund knapper finanzieller Mittel leisten können.

Kein Tageslicht, keine Privatsphäre. Nur ein “Abteil”, in dem zwei Familien übereinander mit etlichen nebeneinander das Ende der Überfahrt herbeisehnen.
Die Enge birgt immer eine Gefahr: Kommt jemand krank an Bord, können die anderen sich kaum der Ansteckung entziehen. Auch sind die sanitären Einrichtungen alles andere als komfortabel …

Etwas besser reist es sich in der zweiten Klasse. 
Zumindest ein eigenes Bett hat jeder – wer oben liegt, hat es vermutlich besser getroffen. 
Die Privatsphäre hier? Nun – vielleicht durch einige Tücher und die Wäsche, die man an den Leinen aufhängen kann. 

Könnt ihr euch vorstellen, so zu reisen? Oder sollte es lieber komfortabler zugehen?

Speise(t)raum der 1. Klasse …

… fast wie ein Kreuzfahrt heute!

Weit entfernt von dem Glanz moderner Kreuzfahrtschiffe – und doch eine Atmosphäre, in der ich mich besser fühlen würde. Mit Luft, Licht, Ausblick und einer Speisekarte, deren Umfang verrät, dass die Beschäftigung mit dem Essen einen wesentlichen Teil des Tages bestimmte.

Die Passagiere der anderen Klassen, besonders der Zwischendecks, mussten oft ohne oder mit dem Wenigen auskommen, das sie mit an Bord brachten.

Der Ausblick und der Draufblick

Wer auf einem der oberen Decks mit Bullaugen untergebracht ist, kann zumindest diesen Ausblick genießen. Die Bereiche an Deck sind meist den Passagieren der ersten Klasse vorbehalten. Wer Glück hatte, findet unter Deck einen Platz nahe der Lüftungsdurchlässe.

Das Modell der Columbus zeigt eindruckvoll die große der damaligen Passagierdampfer. Bedenkt ihr, dass hinter den Bullaugen überwiegend Kabinen für die erste Klasse und, je nach Schiff und vor allem Reederei, teils der zweiten Klasse sind, ahnt ihr, wie viele Passagiere unter der Wasserlinie die Überfahrt erleben …

Das ersehnte Ziel

Die Schiffe fahren nicht direkt an die Piers nahe dem Stadtzentrum, sondern zu einer vorgelagerten Insel.

In den Gängen und Räumen von Ellis Island entscheidet sich nach strengen Vorgaben, wer in die USA einreisen darf – und wer wieder zurückreisen muss.

Die Ankunft allein ist wie heute keine Garantie, sich im Land frei bewegen zu dürfen.

Der Einreiseprozess

Hier finden die behördlichen Abwicklungen statt und ärztliche Untersuchungen, die für manchen Ankömmling den Einreisetraum platzen lassen. Vor allem gibt es die erste richtige Möglichkeit, sich zu waschen und die Kleidung zu wechseln.

Wie viele Tränen der Erschöpfung, der Freude, der Frustration, der Hoffnung mögen geflossen sein? Ein heißkaltes Wechselbad der Gefühle.

Wer nicht auf die obligatorischen fragen vorbereitet ist und keine oder “falsche“ Antworten gibt, erhält die ersehnten Dokumente nicht.

Geht es euch wie mir, dass sich die Atmosphäre spüren lässt?

Endlich geschafft! Erste Schritte in das neue Leben

Central Station in New York

Riesig, in dem Moment sicher unglaublich geschäftig und laut. Wie findet man sich hier zurecht?

Die fremde Sprache, die völlig andere Kultur. Ein Schmelztiegel für alles zwischen Ängsten, Hoffnung und Neugierde auf das Kommende.

Wie geht es weiter? Nicht alle Einwanderer bleiben in – der schon damals Großstadt – New York. Viele haben Verwandte, die Jahre zuvor ins Landesinnere ausgewandert sind und zu denen sie weiterreisen möchten. Wer kein solches Ziel oder auch einfach keine finaziellen Mittel (mehr) hat, strandet in den Ankunftshäfen mit ungewissem Schicksal.

Verwirrend, oder? Wer aus einem kleinen Ort kommt, kennt vielleicht nicht einmal einen Stadtplan … Doch schon damals gab es Auskunftstellen, die weiterhelfen konnten.

Orientierungshilfe für die Ankommenden
Orientierungshilfe für die Ankommenden

An den Wänden begegnet ihr euren Auswanderern erneut.

Sie erzählen ihre Lebensgeschichte in der Neuen Welt. Wie sie ankamen, wohin sie gingen, wie es weitergeht

Mein Tipp: Nehmt euch nochmals Zeit und spürt nach. Es sind die Original-Stimmen, die weitere Gänsehaut-Momente erschaffen.

Die andere Welt für die Ankommenden

Mehr als sieben Millionen Menschen reisen in fast hundert Jahren Auswanderung nach New York. Mit den damaligen Möglichkeiten eine fast unvorstellbar große Anzahl.

Sieben Millionen Geschichten, Schicksale, Familientrennungen.
Sicher auch die eine oder andere Flucht vor Dingen oder Strafen – das hat schon der Wikinger Erik der Rote Jahrhunderte zuvor genutzt und ist letztlich in Grönland gelandet. Doch das ist eine andere Geschichte wink.

Für die „Neuen“ entsteht immer mehr Literatur, die Manches erleichtert, sofern man Lesen kann. Das ist in dieser Zeit keine Selbstverständlichkeit!

Politische Bildung

Das Deutsche Auswandererhaus blickt nicht nur Richtung „Neue Welt“, sondern auch auf diejenigen, die sich Deutschland zum Einwandern ausgesucht haben. Die Zeit der Fünfziger, Sechziger Jahre vor allem. Davon berichte ich euch in diesem Artikel: Einwanderung nach Deutschland.

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